Landesregelung

Empfehlungen des Landesjugendhilfeausschusses zur landeseinheitlichen Ausbildung ehrenamtlich Tätiger in der Kinder- und Jugendarbeit

 

1. Rechtsgrundlage

Auf der Grundlage des § 73 SGB VIII, des saarländischen Kinder- und Jugendförderungsgesetzes und der „Vereinbarung der Obersten Landesjugendbehörden zur Einführung einer Jugendleiter/in-Card“ werden nachfolgende Qualitätsstandards für die Träger der Jugendhilfe im Saarland zur Übernahme in ihren Wirkungskreis festgelegt.

2. Ziele und Grundsätze der Ausbildung zum/zur Jugendleiter/in

(1) Die Grundausbildung zum / zur Jugendleiter/-in muss durch anerkannte Träger der freien Jugendhilfe gem. SGB VIII oder der öffentlichen Jugendhilfe erfolgen. Diese Empfehlungen regeln die Mindestanforderung an die Grundausbildung zum / zur Jugendleiter/-in. Weitergehende
Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel einer fachlichen oder verbandsspezifischen Vertiefung werden durch diese Richtlinien nicht berührt.

(2) Ziel der Grundausbildung ist es, ehrenamtlich Tätige zu befähigen, Jugendliche und Kinder über einen längeren Zeitraum selbständig zu leiten und zu begleiten. Hierzu müssen ehrenamtlich Tätige in der Lage sein, insbesondere folgende Anforderungen zu erfüllen:

  • gruppendynamische Prozesse zu erkennen und zu begleiten,
  • Lernvorgänge in Gruppen anzuregen,
  • in Konfliktsituationen rechtzeitig und angemessen zu reagieren,
  • rechtliche Rahmenbedingungen der Jugendhilfe zu kennen und nach ihnen zu handeln,
  • die eigene Leitungsrolle einzuschätzen,
  • sich mit verbandsspezifischen oder jugendpolitischen Themen und Inhalten auseinanderzusetzen,
  • geschlechtsspezifische Aspekte der Kinder- und Jugendarbeit zu berücksichtigen,
  • den Inklusionsgedanken in der Praxis umzusetzen. (Einbeziehung aller Menschen)

(3) Eigene Erfahrungen der ehrenamtlich Tätigen aus der Arbeit mit Gruppen müssen bei der Grundausbildung berücksichtigt werden. Neben der Vermittlung von Inhalten ist das bewusste Erleben von gruppendynamischen Prozessen notwendig. Die ehrenamtlich Tätigen sollen sich konkret mit ihrer Rolle als Gruppenmitglied und Jugendleiter/in vertraut machen und Gelegenheit haben, sich selbst zu erfahren.

3. Inhalte der Grundausbildung zum/zur Jugendleiter/in

(1) Nachfolgende pädagogische und psychologische Grundlagen für die Kinder- und Jugendarbeit sollen in der Grundausbildung vermittelt werden:

  • aktuelle Themen des Jugendalters und der Jugendarbeit
  • Kenntnisse über die Leitung von Kinder- und Jugendgruppen (z.B.: Gruppenphasen, Leitungsverhalten, Teamarbeit und Motivierung von Gruppen),
  • Kenntnisse über die psychische und physische Entwicklung von Jungen und Mädchen und jungen Männern und jungen Frauen, die Bedeutung der Lebenswelt sowie die sich daraus ergebenen pädagogischen Konsequenzen,
  • Gendermainstreaming, (bei allen gesellschaftlichen Vorhaben sind die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vorneherein und regelmäßig zu berücksichtigen, da es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt),
  • Kenntnisse geschlechtsspezifischer Entwicklungen und Ansätze der Kinder- und Jugendarbeit,
  • Kenntnisse über Methoden in der Kinder- und Jugendarbeit (Vermittlung von praktischen Hilfen in den Bereichen der Gruppenarbeit, Spielpädagogik, Freizeit- und Seminararbeit und Beratung),
  • Kenntnisse in Kommunikation und Gesprächsführung,
  • Kenntnisse über Methodik und Didaktik,
  • Kenntnisse über Moderations- und Kommunikationstechniken,
  • Medienkompetenz.

(2) Jugendleiter/innen sollen in der Grundausbildung auch befähigt werden, Gruppen und Personen in besonderen Problemlagen zu leiten bzw. zu begleiten. Hierzu zählen beispielsweise Kenntnisse über

  • Migration, interkulturelle Kompetenz,
  • Gruppenkonflikte und den Umgang mit Aggressions- und Gewaltphänomenen durch deeskalierendes Leitungsverhalten,
  • Gefährdungen junger Menschen
  • Umgang mit Nähe und Distanz

(3) Nachfolgende Grundlagen zur Organisation, Verwaltung und Förderung von Kinder- und Jugendarbeit sollen in der Grundausbildung vermittelt werden:

  • Kenntnisse über internationalen Jugendaustausch und Fördermöglichkeiten
  • Kenntnisse über die Finanzierungs- und Förderungsmöglichkeiten, - Kenntnisse über relevante Versicherungen
  • Kenntnisse über Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe
  • Kenntnisse über Bedeutung und Notwendigkeit der Öffentlichkeitsarbeit in der Kinder- und Jugendarbeit

(4) Nachfolgende Kenntnisse über Rechtsgrundlagen sollen in der Grundausbildung vermittelt werden:

  1. Aufsichts- und Haftungsrecht,
  2. Jugendschutzbestimmungen,
  3. Kenntnisse und Grundlagen zum § 8 a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung) sowie zum § 72a SGB VIII (Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen)
  4. weitere Bestimmungen, die in der Praxis der Kinder- und Jugendarbeit, des jeweiligen Jugendhilfeträgers von Bedeutung sein können,
  5. Veranstaltungsrecht

(5) Die Qualifizierung durch v. g. Inhalte zum Erwerb der Juleica umfasst mindestens 30 Zeitstunden (entsprechend 40 Schulungseinheiten). Die Ausbildungen dürfen nur von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe oder von öffentlichen Trägern der Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII durchgeführt werden.
Der/die Referent/in muss aufgrund seiner/ihrer Qualifikation in der Lage sein, die entsprechenden Inhalte zu vermitteln. Dem Träger bleibt es überlassen, ob bei einschlägigen Berufsausbildungen ein Teil der Schulungselemente erlassen wird.

(6) Zusätzlich ist der Nachweis einer Ersten-Hilfe-Ausbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze für die Aus- und Fortbildung in Erster Hilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) zu erbringen. Diese Ausbildung soll in der Regel neun Unterrichtsstunden betragen. Ausnahmen regeln sich nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV).

(7) Die Gültigkeit der Juleica beträgt 3 Jahre.
Für die Verlängerung (Neu-Ausstellung) der Juleica ist die Teilnahme an einer oder mehreren Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von 8 Zeitstunden (entsprechend 10 Schulungseinheiten) nach den vorgenannten Empfehlungen erforderlich. Es wird empfohlen, auf eine Auffrischung der Kenntnisse in Erster Hilfe z.B. durch eine Erste-Hilfe-Fortbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze der BAGEH hinzuwirken.

 

Antragstellung

Um die Juleica online beantragen zu können, muss der/die Antragsteller/in

(1) mindestens 16 Jahre alt sein,

(2) eine Juleica-Ausbildung und eine Erste-Hilfe-Ausbildung nach den vorgenannten Empfehlungen absolviert und dem Träger nachgewiesen haben und

(3) ehrenamtlich für einen Träger der Jugendarbeit Träger im Saarland tätig sein.

Die Antragstellung erfolgt unter www.juleica.de

Die Kosten für die Ausstellung der Juleica trägt das Landesjugendamt

Beschluss des LJHA vom 23. Februar 2016