Landesregelung

Regelungen zur bundeseinheitlichen Card für Jugendleiterinnen und Jugendleiter in Schleswig-Holstein

Erlass des Ministeriums für Soziales, Jugend, Familie, Senioren, Integration und Gleichstellung vom 01.05.2024 -VIII 321-

 

1. Card für ehrenamtliche Jugendleiterinnen und Jugendleiter in der Jugendarbeit (Juleica)

1.1 Auf der Grundlage der Beschlüsse der Obersten Landesjugendbehörden vom 12./13.11.1998 und der Arbeitsgemeinschaft der Obersten Landesjugend- und Familienbehörden (JFMK) vom 17./18.09.2009 sowie vom 25./26.05.2023 können ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit, die die Voraussetzungen nach diesen Bestimmungen erfüllen, eine bundeseinheitliche amtliche Karte für Jugendleiterinnen und Jugendleiter (Juleica) erhalten. Die Juleica ist eine bundesweit anerkannte Legitimation und ein Qualitäts- und Qualifizierungsnachweis für ehrenamtlich Tätige in der Kinder- und Jugendarbeit.

1.2 Die Juleica dient insbesondere

  • zur Legitimation gegenüber den Erziehungsberechtigten der minderjährigen Teilnehmenden in der Kinder- und Jugendarbeit,
  • zur Legitimation gegenüber staatlichen und nichtstaatlichen Stellen, von denen Beratung und Hilfe erwartet wird,
  • als Berechtigungsnachweis für die Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen, die an die Eigenschaft als ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit tätige Person oder ausdrücklich an das Vorhandensein einer Juleica anknüpfen, z.B.

    - Freistellung von der Arbeit nach § 23 Abs. 1 Jugendförderungsgesetz vom 05. Februar 1992 (JuFöG, GVOBl. Schl.-H. 1992, S. 158) in der aktuell geltenden Fassung - Erstattung von Verdienstausfall nach der Landesverordnung über die Freistellung für ehrenamtliche Mitarbeit in der Jugendarbeit in der aktuell geltenden Fassung

    - (vergünstigte) Besuche von Kulturveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen

    - (vergünstigter) Zugang zu geeigneten Bildungs- bzw. Übernachtungsstätten

    - Fahrpreisermäßigungen.

1.3 Darüber hinaus kann die Juleica dem Träger als Nachweis der fachlichen Eignung von Personen für die ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit u.a. i.S.v. § 74 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII und i.S.v. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB dienen.

2. Voraussetzungen für die Ausgabe der bundeseinheitlichen Card

2.1 Die Juleica wird für die ehrenamtliche Tätigkeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kinder- und Jugendarbeit ausgestellt. Die Mitarbeitenden sind dabei kontinuierlich über einen längeren Zeitraum bei einem Träger der freien Jugendhilfe, der im Sinne des § 74 SGB VIII gemeinnützige Ziele verfolgt (i.S. § 75 (1) Punkt 2 SGB VIII), oder bei einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe tätig oder werden es künftig sein. Sie kann auch für neben- und hauptberufliche Mitarbeitende ausgestellt werden, soweit sie sich ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit betätigen.

2.2 Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen für ihre Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, verantwortliche Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen gestalten können und sollen mindestens 16 Jahre alt sein. In besonders vom Träger zu begründenden Fällen kann die Juleica auch an ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Alter von 15 Jahren ausgestellt werden.

2.3 Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit müssen über ausreichende pädagogische Kenntnisse verfügen, die in der Regel durch eine Grundausbildung erworben werden.

2.4 Zusätzlich ist der Nachweis einer Erste-Hilfe-Ausbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze für die Aus- und Fortbildung in Erster Hilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) zu erbringen. Ausnahmen zum Nachweis einer Erste-Hilfe-Ausbildung regeln sich nach §19 Abs. 3 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV).

3. Grundausbildung

3.1 Die Grundausbildung erfolgt durch anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (§ 75 SGB VIII) oder deren Zusammenschlüsse sowie in Einzelfällen durch Träger der freien Jugendhilfe, die die Voraussetzungen nach § 74 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 5 SGB VIII erfüllen. Die Grundausbildung kann auch von den örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) durchgeführt werden. Sie umfasst mindestens 30 Zeitstunden. Die Träger der Grundausbildung können für ihre Grundausbildungen eine größere Zahl von Zeitstunden festlegen. Die Grundausbildung ist in partnerschaftlicher Abstimmung zwischen dem freien Träger und dem zuständigen örtlichen oder überörtlichen Jugendhilfeträger durchzuführen. Die erfolgreiche Teilnahme an der Grundausbildung ist vom Träger der Maßnahme zu bescheinigen.

3.2 Grundsätzlich sind im Rahmen der Qualifizierung Ausbildungsgänge in Präsenz oder gemischte Ausbildungsgänge möglich, die teilweise in Präsenz und teilweise unter Nutzung von webbasierten Elementen stattfinden. Dabei müssen mindestens 15 Zeitstunden in Präsenz stattfinden, die Träger der Grundausbildung können für ihre Grundausbildungen eine höhere Mindestzahl von Präsenzstunden festlegen. Auch bei der Nutzung von webbasierten Elementen muss die Qualifizierung in einem Gruppensetting und mit fachlicher Begleitung stattfinden.

3.3 Die praktische und theoretische Qualifizierung zum Erwerb der Juleica ist geprägt von aktuellen Themen junger Menschen und der Kinder- und Jugendarbeit wie Partizipation, Beteiligung und Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen (Diversität, Inklusion, Geschlechtergerechtigkeit). Sie umfasst mindestens folgende Inhalte:

  • Rolle einer Jugendleitung (Aufgaben, Funktionen, Grenzen),
  • Befähigung zur Leitung von Gruppen,
  • Ziele, Methoden und Aufgaben der Kinder- und Jugendarbeit,
  • rechtliche und organisatorische Themen der Kinder- und Jugendarbeit,
  • psychologische und pädagogische Grundlagen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen,
  • Gefährdungstatbestände des Jugendalters und Fragen des Kinder- und Jugendschutzes,
  • Prävention von sexualisierter Gewalt und Umgang mit sexuellen Grenzverletzungen in der Kinder- und Jugendarbeit sowie Kenntnisse in Bezug auf den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII. Weitere Bestandteile der Grundausbildung können darüber hinaus aktuelle Themen des Jugendalters und der Jugendarbeit sein wie beispielsweise
  • Innerverbandliche Demokratie und gesellschaftliche Partizipation,
  • Sexualpädagogik,
  • Prävention von Rechtsextremismus und menschenverachtenden Einstellungen,
  • internationale Jugendarbeit und transkulturelles Lernen,
  • Medienbildung,
  • Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie
  • verbandspezifische Themen.

3.4 Im Einzelfall kann der Träger die Möglichkeit prüfen, von spezifischer Qualifizierung zum Erwerb der Juleica (Grundausbildung) ganz oder teilweise abzusehen. Dies ist nur dann möglich, wenn eine Person eine anerkannte pädagogische Berufsausbildung oder ein entsprechendes (Fach)Hochschulstudium nachweisen kann, bei der bzw. dem ein deutlicher Bezug zur Kinder- und Jugendarbeit besteht und in dem die Inhalte der Qualifizierung zum Erwerb der Juleica umfassend behandelt wurden.

3.5 Träger können zudem in begründeten Fällen eine Qualifizierung zum Erwerb einer Juleica anerkennen, die bei einem in einem anderen Bundesland ansässigen Träger nach den dortigen Regelungen absolviert wurde, sofern diese den, in den bundesweiten Qualitätsstandards formulierten Mindeststandards entspricht (siehe 1.1).

4. Herstellung,Antrags-undAusstellungsverfahren

4.1 Die Juleica ist bundeseinheitlich gestaltet und wird zentral hergestellt.

4.2 Die Beantragung und Bestellung der Juleica erfolgt im Online-Verfahren (www.juleica-antrag.de), bei dem auch die erforderlichen Nachweise hochgeladen werden können. Antragsberechtigt sind ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit, die die Voraussetzungen nach Nr. 2 dieser Bestimmungen erfüllen.

4.3 Das Antragsverfahren kann alternativ zu Nr. 4.2 eingeleitet werden durch

  • die Träger (Ehrenamts-Träger), für die die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind,
  • die Träger, bei denen die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Ausbildung absolviert haben.

4.4 Die Verantwortung für die Auswahl der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendarbeit trägt der Träger, bei dem sie aktiv sind oder sein werden. Ihm obliegt die Prüfung, ob die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

  • für ihn kontinuierlich tätig sind oder sein werden,
  • eine den Bestimmungen entsprechende Ausbildung oder Fortbildung vor Neuausstellung der Juleica absolviert haben,
  • über die erforderlichen Kenntnisse in Erster-Hilfe verfügen und ob
  • die persönlichen Angaben der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter korrekt sind,
  • die eingereichten Fotos den Anforderungen für das Online-Antragsverfahren genügen.

4.5 Zuständig für die Prüfung der Anträge ist grundsätzlich der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bezirk der Träger (Ehrenamts-Träger) nach Nummer 2.1 seinen Sitz hat. Er prüft die Anträge

  • auf formelle Korrektheit (z.B. Alter des Antragstellers),
  • ob die Legitimation des Ehrenamtsträgers vorhanden ist (z.B. Tätigkeit im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit nach § 11 SGB VIII). Eine inhaltliche und formelle Prüfung der Qualifikation gehört nicht zu den Aufgaben des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann diese Aufgabe auf freie Träger der Jugendhilfe übertragen.

4.6 Die Juleica ist nicht übertragbar.

5. Kosten der Card

5.1 Die Ausgabe der Juleica dient entsprechend § 73 SGB VIII dem gesetzlichen Auftrag zur Unterstützung ehrenamtlicher Tätigkeit und liegt somit im öffentlichen Interesse.

5.2 Die Finanzierung der Herstellungskosten der Juleica regeln die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe in eigener Zuständigkeit.

6. Gültigkeitsdauer

6.1 Die Juleica hat eine Gültigkeitsdauer von 3 Jahren. Für die Verlängerung (Neu- Ausstellung) der Juleica ist die Teilnahme an einer oder mehreren Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens 8 Zeitstunden nachzuweisen. Fachlich sollen sich Fortbildungen an den unter 3.2 genannten Inhalten orientieren. Über die Anerkennung von Fortbildungen zur Verlängerung der Juleica entscheidet der Träger, bei dem die Juleica beantragt wurde.

6.2 Fortbildungsveranstaltungen können vollständig webbasiert durchgeführt werden. Die Fortbildung muss in jedem Fall in einem Gruppensetting und mit fachlicher Begleitung erfolgen.

6.3 Für die Verlängerung (Neu-Ausstellung) der Juleica im Sinne von 2.3.3 wird empfohlen, zusätzlich auf eine Auffrischung der Kenntnisse z.B. durch eine Erste-Hilfe-Fortbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze der BAGEH hinzuwirken.

6.4 Der Antrag auf Verlängerung (Neu-Ausstellung) soll in der Regel spätestens 18 Monate nach Ablauf der aktuellen Juleica gestellt werden.

7. Widerruf der Erteilung, Rückgabe der Juleica

7.1 Die Erteilung wird widerrufen, wenn Tatsachen festgestellt werden, die die ehrenamtliche Jugendleiterin oder den ehrenamtlichen Jugendleiter für die Übernahme von Aufgaben in der Kinder- und Jugendarbeit ungeeignet erscheinen lassen. Insbesondere wird auf die in § 72 a SGB VIII aufgeführten Straftatbestände hingewiesen.

7.2 Eigentümer der Karte bleibt der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Auftrag die Herstellung veranlasst wurde. Er kann diese zurückfordern, sollten die Voraussetzungen für die Ausstellung der Juleica entfallen. Dies ist der Fall, wenn die ehrenamtliche Jugendleiterin oder der ehrenamtliche Jugendleiter

  • nicht mehr als ehrenamtliche Jugendleiterin oder ehrenamtlicher Jugendleiter tätig ist,
  • die Erteilung der Card nach Nr. 7.1 widerrufen wird.

8. Anerkennung

8.1 Die Juleica wird von den Ländern gegenseitig anerkannt.

8.2 Das Landesjugendamt und die kommunalen Jugendämter bemühen sich, der Juleica auch über den staatlichen Bereich hinaus Anerkennung und Unterstützung zu verschaffen.

9. Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt zum 01.05.2024 in Kraft und ersetzt damit den aktuell gültigen Erlass vom 20.02.2020, der damit außer Kraft tritt. Der ab dem 01.05.2024 gültige Erlass tritt am 31.12.2028 außer Kraft, falls nicht zuvor die Gültigkeit verlängert wird.